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Energieeffizenz + eine Ampel zum Kaffeekochen

13.10.2020
Z273 X 1300x300Energie und deren effiziente Nutzung ist nicht erst seit heute ein wirtschaftlich nicht zu unterschätzender Faktor. Spätestens die Fridays for Future Bewegung sensibilisierte uns aber auch privat für Schlagwörter wie: Treibhausgase, Emissionen, Klimaerwärmung, ökologischer Fußabdruck und Energieeffizienz.

In diesem Beitrag möchten wir Einblick in unseren „Energiealltag“ geben, wie wir Ressourcen einsparen und warum eine Ampel unser Arbeitspensum bestimmt.


Als Kunststoffverarbeiter reihen sich Energiekosten, direkt nach Lohnkosten und Rohmaterial, als drittgrößte Position in unsere Aufwendungsliste ein und machen damit einen nicht unerheblichen Teil unserer jährlichen Ausgaben aus.
Dies ist im Prozess des Spritzgießen begründet, bei welchem Kunststoff-Rohgranulat erhitzt und damit verflüssigt wird (ca. 180-260 Grad) um es in das formgebende Werkzeug (Spritzgussform) einspritzen zu können. Anschließend wird das Material, mit Hilfe von Kühlwasser, welches das Spritzgusswerkzeug durchfließt, möglichst schnell wieder herunter gekühlt, sodass der Kunststoff erstarrt und als Fertigteil ausgeworfen werden kann.  Dieser Prozess wiederholt sich an jeder unserer 18 Spritzgießmaschinen ca. alle 20 Sekunden. Wenn man sich vor Augen hält dass einige dieser Maschinen eine Heizleistung von bis zu 27kW erbringen (entspricht  ca. 13 handelsüblichen Wasserkochern) und meist rund um die Uhr laufen, kann man erahnen welche Energiemengen hier benötigt werden.
Aber was geschieht mit der Energie nachdem Sie im Kühlwasser gelandet ist?
Sicherlich der einfachste Weg wäre es die Wärme / Energie über einen Freikühler, umgangssprachlich Kühlturm, ungenutzt in die Atmosphäre abzugeben. Dieser Weg ist trivial und 1000-fach bewährt, jedoch aus ökologischer Sicht, gerade im Winter oder während der Heizperiode, wenig sinnvoll. Hier setzen wir an.
Mit unserer 2017 neu errichteten Weinreich Kühlmaschine entziehen wir dem Kühlwasser die Energie, und speisen diese, durch zwei Wärmepumpen hochtemperiert, mit einer maximalen Vorlauftemperatur von ca. 50 °C  in unsere Heizungsanlage ein. Für Wochenenden und sonstige Betriebsruhen ergänzten wir unsere Heizungsanlage um drei je 1000 Liter große Puffertanks, welche die in der Woche, über den normalen Heizbetrieb hinaus frei gewordene Energie des Kühlwassers speichern. Hierdurch ist es uns möglich, auch an Wochenenden und sonstigen Betriebsruhen während der Heizperiode auf eine konventionelle Öl- oder Gasheizung zu verzichten und rein mit zurück gewonnener und gespeicherter Wärme zu heizen. Die konventionelle Ölheizung kommt so nur noch bei Betriebsruhen von mehr als zwei oder drei Tagen, beispielsweise in der Weihnachtszeit, zum Einsatz.
Insgesamt konnten wir unseren Heizöl-Verbrauch, bei gleichzeitiger Erweiterung der Büroflächen um 150m² von 14.579 Liter – 2016 auf 3899 Liter, im Jahr 2019, um fast 75% reduzieren (Werte ohne Berücksichtigung der Jahreswetterdaten).

Mit diesem Energieverbrauch vor Augen, stellt sich einem schnell die Frage nach den tatsächlichen Kosten für den von uns verbrauchten Strom. Wie setzt sich der Tarif zusammen und kann man hier vielleicht auch Kosten senken?
Anders als beim privaten Stromtarif, wo bisher noch strickt nach kWh Verbrauch abgerechnet wird, setzt sich der gewerbliche Stromtarif derzeit aus dem Arbeitspreis (tatsächlich abgenommene Strommenge) und dem Grundpreis zusammen. Dabei besteht der Grundpreis neben steuerlichen und administrativen Abgaben, auch aus einer Leistungsabgabe, welche den höchsten Stromverbrauch innerhalb des Jahres berücksichtigt und im Folgenden näher betrachtet werden soll.

Wie kann es sein, dass ich bei identischen Strom-Konditionen und gleichem Verbrauch (Arbeitspreis) mehr bezahle als die benachbarte Kunststoffverarbeitung?

Ein entscheidender und selbst regulierbarer Wert ist neben dem tatsächlichen Verbrauch, der jährlich höchste 15-Minuten Lastgangswert, welcher sich in der oben bereits genannten Leistungsabgabe wiederspiegelt. Dieser Wert beschreibt jenes 15-Minuten-Intervall des Jahres, in welchem die höchste Leistung (Lastgangsdurchschnitt aus 15 Minuten) abgenommen wurde.
Dieser 15-Minuten Wert taucht in der Stromrechnung als Leistungspreis auf und wird beispielsweise in unserem Stromtarif mit 93,37 Euro je kW je Monat bepreist.
Anders als man erwarten könnte, gilt dieser Leistungspreis nicht nur für den aktuellen Abrechnungsmonat, sondern wirkt sich auch rückwirkend und fortlaufend auf das gesamte Jahr aus.

Zum besseren Verständnis möchte ich die Thematik an einem vereinfachten Rechenbeispiel verdeutlichen.
Nehmen wir beispielhaft einen beliebigen Betrieb welcher zu jeder Zeit des Jahres exakt 100 kW Strom verbraucht. Dabei beträgt der Arbeitspreis 0,059 Euro/kWh und der Leistungspreis 93,37 Euro je KW. Die sonstigen Fixkosten (EEG Umlage, Stromsteuer, usw.) bleiben im Beispiel unverändert.

Berechnung des Arbeitspreises pro Jahr:
100 kW x 3760 Stunden  x 0,059 Euro/kWh = 22.184,00 Euro
Berechnung der Leistungsabgabe (Lastgang) pro Jahr:
100 kW x 93,37 Euro/Monat/kW x 12 Monate = 112.044,00 Euro
_________________________________________________
Gesamt: 134.228 Euro + sonstige Fixkosten

Zusammenfassend fallen in dieser Betrachtung elektrische Energiekosten in Höhe von 134.228 Euro + sonstige Fixkosten an.

Um die Auswirkung der Leistungsabgabe zu demonstrieren betrachten wir nun den Fall einer kurzfristigen Erhöhung der Spitzenlast um 11 kW. Der Anstieg zieht sich nur über 15 zusammenhängende Minuten des Jahres, sodass sich in dieser Zeit ein totaler Lastgang von 111 kW ergibt. Die zusätzlichen 11 kW entsprechen nach unseren eigenen Erfahrungen ca. dem Verbrauch / der zusätzlichen Leistung einer laufenden Spritzguss-Maschine inkl. Peripherie.

Berechnung des Arbeitspreises pro Jahr:
(100 kW x 3759,75 Stunden + 111 kW x 0,25 Stunden) x 0,059 Euro/kWh = 22.184,16 Euro
Berechnung der Leistungsabgabe pro Jahr:
111 kW x 93,37 Euro/Monat/kW x 12 Monate = 124.368,84 Euro
_____________________________________________________
Gesamt: 146553,00 Euro + sonstige Fixkosten

Wie zu erwarten steigt der Arbeitspreis kaum an (lediglich 0,16 Euro), da in Summe übers Jahr nur 2,75 kWh mehr verbraucht werden. Hingegen steigt die fällige Leistungsabgabe um satte 12.324,84 Euro an!
Vereinfacht ausgedrückt kostet in unserem Beispiel der 15-minütige Betrieb einer zusätzlichen Spritzgussmaschine ca. 12.300 Euro an Energiekosten!
Hier sollte sich nun jeder die rhetorische Frage stellen, ob diese Lastspitze wirklich nötig war und ob in den 15 Minuten Maschinenlaufzeit ein entsprechender Gewinn / Gegenwert erwirtschaftet wurde?

Sicher ist die Frage in 99% der Fälle mit „nein“ zu beantworten. Doch so schnell diese Antwort fällt, so schnell taucht die logische Folgefrage nach einer Lösung auf: Wie vermeide ich Lastspitzen und halte meinen Lastgang möglichst konstant?

Die einfachste Lösung wäre sicherlich über das ganze Jahr nur die identischen Maschinen mit gleichbleibenden Artikeln und damit Prozessparametern zu betreiben. Das dies jedoch fernab der Realität ist und nur auf dem Papier funktionieren mag, sollte jeder von uns verstehen.
Somit muss es Ziel sein den aktuellen Lastgang einzusehen, um auf die sich anbahnenden Lastspitzen reagieren zu können.

Leider bieten Energieversorger in der Regel nur die Möglichkeit an, den Lastgang des vergangenen Tages einzusehen. Dies ist sicherlich interessant auszuwerten, bringt uns jedoch in unserer Problemstellung der Lastspitzen-Vermeidung nicht weiter. Denn was bringt es, erst zu reagieren, wenn das Kind längs in den Brunnen gefallen ist?!

Wir als HSK-Schulte GmbH haben uns daher dazu entschieden in einen Datenlogger zur Echtzeit-Lastgangsmessung zu investieren. Der Logger ist in der Lage uns in Echtzeit unseren aktuellen Lastgang anzuzeigen. Praxisgerecht wird dieser Wert mit vordefinierten Schwellwerten abgeglichen und als ein einfach verständliches Ampelsignal in die Produktion ausgegeben.

Die in der Produktion hängende Ampel gibt dem Werker somit jederzeit eine schnell erfassbare Auskunft über den aktuellen Lastgang. Sämtliche unserer Kollegen sind daran gehalten wie folgt auf die Ampelfarben zu reagieren:

ROT: Der aktuelle Lastgang liegt über dem Jahresmaximal-Wert. Koche deinen Kaffee später und schalte unmittelbar eine Maschine aus um den 15-Minuten-Schnitt unter dem Maximalwert zu halten.
GELB: Der aktuelle Lastgang liegt minimal unter dem bisherigen Jahres-Maximalwert. Halte die Ampel im Auge, schalte keine weitere Maschine ein und überlege, ob du in der Pause wirklich Kaffee kochst.
GRÜN: Der aktuelle Lastgang befindet sich weit unter dem bisherigen Jahres-Maximalwert. Zeit für Kaffeepause!


Seit Anfang 2019 in Betrieb, konnten wir in diesem Jahr trotz einem, aufgrund von erhöhter Maschinenauslastung um 2,1% gestiegenen Energiebedarf (Arbeitspreis), unseren maximalen Lastgang um aktuell 11 kW zum Jahr 2018 senken. Dies entspricht einer jährlichen Einsparung von ca. 12.000 Euro!

Denn lieber stecken wir unsere Energie in die Entwicklung Ihrer Produkte und deren Produktion, als in kurzzeitig glühende Leitungen unseres Energieversorgers.

 
Z273 X 6900x900  

- drei je 1000 Liter fassende Wasserspeicher puffern

überschüssige, im Laufe der Woche anfallende Abwärme.

Mit dieser Energie kann über ca. zwei Tage

Betriebsruhe geheizt werden -

- eine Ampel in der Produktion zeigt dem Werker leicht

verständlich den aktuellen Lastangswert und bestimmt

damit auch sein Arbeitspesnum -


 



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